Ein neues T-Shirt für 3 Euro, ein Toaster für 10 Euro, oder Lederschuhe für 16 Euro – sogenannte Schnäppchen, hergestellt in Billig-Lohnländern, gehören zum Konsum-Alltag in Deutschland. Auf der Veranstaltung „Die Schattenseiten des Konsums: Wer zahlt den wahren Preis?“ klärte Dr. Christoph Küffner die rund 50 Interessierten im Landratsamt über die tatsächlichen Kosten unserer Produkte auf. Unter den Gästen waren Vertreter/innen vom Repair Café Landsberg, der Fair Trade Steuerungsgruppe Landsberg, Slow Food, dem Eine Welt Laden, der Erzabtei St. Ottilien und dem Freundschaftsverein Newala/Tansania, sowie der Menschenrechtsbeauftragte der Firma Hirschvogel.
Eingeladen hatte die Koordinatorin für Kommunale Entwicklungspolitik Miriam Anton, offizieller Partner des Abends war die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, die unter anderem für die Erreichung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele wirbt. „Nachhaltiger Konsum ist eine globale und lokale Aufgabe. Internationale Abkommen sorgen für sichere Lieferketten, während vor Ort Initiativen wie Repair-Cafés, Slow-Food oder Fair Trade helfen, Verschwendung zu vermeiden. Nur gemeinsam können wir die Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen“, betonte die UN-Vertreterin Christina Risinger in ihrer Begrüßungsrede.
Dr. Christoph Küffner, der als Dozent für Lieferkettenmanagement an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg tätig ist, gab Einblicke in die zerstörerischen Seiten unseres Konsums. Zudem ging er auf die Herausforderungen für Unternehmen ein und präsentierte positive Beispiele für den Schutz von Ressourcen. Zu Beginn wies er darauf hin, dass der „Country Overshoot Day“ immer weiter nach vorne rückt. Für Deutschland fiel er 2024 auf den 2. Mai – an diesem Tag waren rechnerisch alle natürlichen Ressourcen verbraucht, die für das Jahr nachhaltig zur Verfügung stehen würden. „Wenn die gesamte Weltbevölkerung so leben würde wie wir, wären etwa drei Erden nötig“, so Küffner.
Trotzdem wächst der weltweite Konsum ungebremst. Allein der Textil-Konsum hat sich seit 2000 von 58 auf 109 Millionen Tonnen verdoppelt. „Den Preis zahlen die Menschen im Globalen Süden und das Klima. Daher müssen wir unser wirtschaftliches Handeln und unseren Konsum transformieren“, fordert Küffner. Da der Mensch gerne an Gewohnheiten festhält, sind Veränderungen oft schwierig, aber durchaus möglich – wie die Corona-Pandemie gezeigt habe. Als Beispiele nannte er den Wandel vom Büro-Pflicht zum Home-Office sowie den Rückgang von Geschäftsreisen zugunsten digitaler Treffen. Deutschland importiert jährlich rund 44 Billionen Euro an Waren und ist damit weltweit auf Platz 3, hinter den USA und Japan. Kritische Produkte sind zum Beispiel Palmöl, Reis, Solarzellen, Zuckerrohr, Textilien, Holz, Fleisch, Kohle, Kakao, Kaffee, Elektronik und Fisch.
„Moderne Sklaverei ist eine große Herausforderung, insbesondere bei der Gewinnung spezieller Rohstoffe wie Kakao. Aktuell arbeiten 50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei für unseren Konsum, ein Plus von 10 Millionen seit 2018. Davon sind circa 12 Millionen Kinder.“ Unser Konsum führt nicht nur zu Ausbeutung von Menschen, sondern schadet auch der Natur und fördert die Erderwärmung. In Europa gibt es mehr Dürreperioden, niedrigere Ernteerträge, Biodiversitätsverlust, Waldbrände und Wasserknappheit. Deshalb sei es wichtig, am bestehenden Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz festzuhalten, das den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in globalen Lieferketten verbessern soll. Die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards wie das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit und die Verantwortung entlang der gesamten Lieferketten soll dadurch gesichert werden.
Zudem gelte es, das UN-Ziel 12 „Nachhaltiger Konsum und Produktion“ umzusetzen. Dieses Ziel fordert, natürliche Ressourcen nachhaltig und effizient zu nutzen sowie Abfälle zu vermeiden. Die Zunahme von Konsum, Online-Handel und aufwendigen Produktpräsentationen führt jedoch zu mehr Verpackungsmüll und Retouren. Die Mitglieder der UN haben sich zudem verpflichtet, die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Im Jahr 2022 wurden jedoch weltweit immer noch 1,05 Milliarden Tonnen Lebensmittelabfälle verzeichnet, was etwa 132 Kilo pro Kopf entspricht. Dabei stammt der größte Anteil, nämlich 60 Prozent, aus privaten Haushalten, während Handel und Gastronomie weniger betroffen sind, als man vielleicht erwarten würde.
Küffner wies auch darauf hin, dass Lebensmittelanbieter unter Druck stehen, stets alles vorrätig zu haben. Die Verbraucher erwarten, dass alle Waren immer im Supermarkt verfügbar sind. Laut Studien wechseln ein Drittel der Kunden den Anbieter, wenn ein spezielles Produkt nicht erhältlich ist.
Zum Ziel 12 gehöre es auch, Verbraucher besser über nachhaltigen Konsum zu informieren. Küffner nannte hierfür positive Beispiele der Kreislaufwirtschaft: Das Fairphone biete austauschbare Module, eine einfache Reparatur und eine längere Nutzungsdauer, was weniger Elektroschrott bedeutet. Auch der Textilhersteller Patagonia und das Unternehmen Bosch setzten, laut Küffner, auf Kreislaufwirtschaft. „Jeder einzelne von uns hat durch seine Kaufentscheidungen die Macht, eine nachhaltige Produktion zu fördern“.
FOTOS: Lukas Klocker
Von links nach rechts: Miriam Anton, Koordinatorin Kommunale Entwicklungspolitik, Landratsamt, Dr. Christoph Küffner, Dozent für Lieferkettenmanagement an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Christina Risinger Geschäftsführerin Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) Landesverband Bayern e.V